Blockchain, IoT und KI — eine perfekte Kombination

Philipp Sandner
14 min readMar 25, 2020

Blockchain, IoT und KI sind innovative Technologien, die den Weg für die digitale Transformation ebnen und die in verschiedenen Industrien disruptive Veränderungen hervorrufen werden. Die folgenden drei Technologien werden zukünftig konvergieren und neue Geschäftsmodelle kreieren: Autonome Agenten (d.h. Sensoren, Autos, Maschinen und andere IoT-Geräte) werden als eigene Profitcenter agieren, welche 1) digitale Zwillinge haben, die IoT-Lösungen einsetzen, 2) basierend auf der Blockchain-Technologie autonom Geld senden und empfangen können, sowie 3) als unabhängige Wirtschaftsakteure, mit Hilfe von KI und Datenanalyse autonom Entscheidungen treffen. Wir argumentieren, dass diese Konvergenz der Technologien die Entwicklung solcher autonomen Geschäftsmodelle und die digitale Transformation von Unternehmen vorantreiben wird.[1]Autoren: Riccarda Joas, Jonas Gross, Philipp Sandner, Denise Duve, Tony Oehm (English version here)

Einleitung

Blockchain-Technologie, Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz (KI) sind bemerkenswerte Innovationen, die Geschäftsprozesse verbessern, neue Geschäftsmodelle hervorbringen und ganze Branchen transformieren werden:

1. Die Blockchain-Technologie kann zum Beispiel sowohl das Vertrauen, die Transparenz, die Sicherheit, als auch den Datenschutz von Geschäftsprozessen erhöhen, indem sie ein gemeinsames, dezentralisiertes und verteiltes Register (Ledger) zur Verfügung stellt. Genau genommen kann die Blockchain-Technologie — oder allgemein die Distributed Ledger Technologie (DLT) — alle Arten von Vermögenswerten ähnlich wie ein Register speichern.

2. Das IoT treibt sowohl die Automatisierung der Industrie als auch die Benutzerfreundlichkeit von Geschäftsprozessen voran, was für die deutsche und europäische Industrie unerlässlich ist.

3. KI verbessert Prozesse, indem sie Muster erkennt und die Ergebnisse bestehender Prozesse optimiert.

Derzeit wird der Zusammenhang zwischen diesen Innovationen weitestgehend vernachlässigt. Die Innovationen können und sollten jedoch gemeinsam angewandt werden und es ist abzusehen, dass sie in Zukunft konvergieren werden. Eine mögliche Verbindung zwischen diesen Technologien könnte darin bestehen, dass das IoT Daten sammelt und bereitstellt, Blockchain als Infrastruktur Anwendung findet und zudem die Regeln der Zusammenarbeit aufstellt, während die KI Prozesse und Regeln optimiert. Blockchain, IoT und KI sind von ihrem Design komplementär und können erst bei gemeinsamer Anwendung ihr volles Potenzial entfalten.

Dieser Artikel diskutiert den Mehrwert, den Blockchain, IoT und KI für Unternehmen bieten kann. Wir argumentieren, dass die Konvergenz dieser Technologien

besonders vorteilhaft für das Datenmanagement, das Identitätsmanagement und die Automatisierung von Geschäftsprozessen sein kann.

Abbildung 1: Konvergenz der Technologien

Datenverwaltung

Standardisierung von Daten

IoT-Geräte, wie Sensoren, Maschinen, oder Autos, sammeln eine große Menge an Daten. Diese Daten werden oft in einer zentralen Datenbank gespeichert. Normalerweise fehlt es diesen Daten an Standardisierung, da unterschiedliche Altsysteme zur Sammlung und Speicherung von Daten verwendet werden. Die Blockchain-Technologie könnte die Standardisierung von Daten unterstützen, indem eine dezentrale, harmonisierte und digitale Plattform für IoT-Daten geschaffen wird, welche für mehrere Parteien zugänglich ist. Auf Blockchain-Systemen werden die Daten aufgrund der Verwendung von Hash-Funktionen in einem einheitlich Datenformat gespeichert. Eine solche Vereinheitlichung würde zu einem hohen Grad an Standardisierung der Daten führen. Darüber hinaus würde die Größe der gespeicherten Daten stark reduziert werden, da Hash-Funktionen die erhaltenen Informationen in einen Output mit einer bestimmten Länge transformieren. Folglich könnte die Datenverwaltung durch eine stärkere Standardisierung der Daten optimiert werden.

Datenschutz und Datensicherheit

In Blockchain-Systemen ermöglicht die zugrundeliegende Kryptographie ein hohes Maß an Privatsphäre. Bei den meisten Blockchains, z.B. den von Bitcoin oder Ethereum verwendeten Blockchains, werden Transaktionen pseudonymisiert durchgeführt. Es können jedoch auch völlig anonyme Transaktionen ermöglicht werden. Dies ist beispielsweise bei Monero oder Zcash der Fall. Die Architektur von Blockchain-Systemen, mit der Option der Public-/Private-Key-Kryptographie, ermöglicht zudem eine vollständige Verschlüsselung der gespeicherten und zu übertragenen Daten, so dass, falls gewünscht, nur das Gerät selbst die eigenen Daten lesen und schreiben kann.

Der Schutz der Daten ist insbesondere im Bereich IoT von großem Vorteil. IoT-Maschinen und -Geräte speichern eine große Menge an sensiblen Daten. Es ist wichtig, die Privatsphäre und Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten. Es ist aktuell gängige Praxis, IoT-Daten direkt von der Maschine an die jeweilige Datenbank zu senden. Diese Daten haben jedoch keinen hohen Grad an Privatsphäre, da sie nicht verschlüsselt sind. Die Blockchain-Technologie bietet hier einen Mehrwert, da sie den Schutz der gesammelten Daten gewährleisten kann. Jedoch besteht ein Zielkonflikt zwischen einem hohen Maß an Privatsphäre und der Kontrolle illegaler Aktivitäten. Im Falle anonymer Transaktionen ist es nicht möglich, auf den Namen und die Adresse des Absenders der Transaktion zu schließen. Diese Anonymität zieht illegale Aktivitäten wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an. In diesem Fall kann KI hilfreich sein und die Sicherheit erhöhen indem sie illegale Aktivitäten aufdeckt. Yin et al. (2019) schlagen vor, KI in Verbindung mit Datenanalyse einzusetzen, um das Risiko illegaler Aktivitäten auf der Blockchain, welche sich aus der Anonymität der Transaktionen ergeben, zu verringern. Dabei ist anzumerken, dass KI-Technologien von der hohen Menge der bereitgestellten IoT-Daten profitieren, da KI-Algorithmen von den Daten lernen.

Skalierbarkeit

Eine wesentliche Einschränkung des IoT ist die Verwaltung der riesigen Menge an gesammelten Daten. Um die Skalierbarkeit zu verbessern, kann der Einsatz von Blockchain-Technologie und KI vorteilhaft sein. Die Gegner der Blockchain-Technologie argumentieren, dass Blockchain-Systeme per se nicht skalierbar sind, weil Konsensverfahren wie der Proof-of-Work Algorithmus sehr energieaufwändig sind. Es gibt jedoch alternative Konsens-Mechanismen wie Proof-of-Stake oder Proof-of-Authority, welche deutlich energieeffizienter und skalierbarer sind. Natürlich werden und müssen Konsens-Mechanismen weiter optimiert werden — um ein höheres Maß an Skalierbarkeit auf einer Blockchain zu erreichen, kann KI hilfreich sein. Liu et al. (2019) weisen auf die Möglichkeit der Verwendung eines Leistungsoptimierungsrahmens für Blockchain-IoT-Systeme hin. Dieses System könnte auf maschinellem Lernen basieren. Die Autoren schlagen einen “DRL-basierten Algorithmus zur dynamischen Auswahl/Anpassung der Blockproduzenten, des Konsens-Algorithmus, der Blockgröße und des Blockintervalls vor, um die Leistung zu verbessern”.

Authentifizierung über eine Blockchain-basierte Identität

Darüber hinaus kann die Blockchain-Technologie zum Zweck der Authentifizierung eingesetzt werden. Die Blockchain-Technologie ist in der Lage, das Vertrauen in Netzwerkteilnehmern zu erhöhen, indem sie die Identität von IoT-Geräten verwaltet. Im Allgemeinen bezieht sich das Identitätsmanagement typischerweise auf Individuen und Unternehmen, kann sich aber auch auf IoT-Geräte und -Maschinen beziehen. Blockchain-basierte Identitäten stellen sicher, dass die Teilnehmer an Transaktionen eine digitale Identität erhalten, die auf ihrer tatsächlichen “echten” physischen Identität basiert: bei Individuen auf dem Personalausweis und bei Unternehmen auf dem Handelsregistereintrag. Auf der Grundlage solcher Identitäten können Transaktionen zwischen Einzelpersonen und Unternehmen — z.B. Carsharing — aber auch zwischen Einzelpersonen und Maschinen — z.B. Personenbeförderung eines autonomen Autos — oder zwischen zwei Maschinen — z.B. autonomes Auto bezahlt das Parken — effizient mit geringen Transaktionskosten und hoher Transaktionsgeschwindigkeit durchgeführt und verarbeitet werden.

IoT Analytics schätzt, dass bis 2025 mehr als 20 Milliarden Geräte an das Internet angebunden sein werden. Diese Geräte werden teilweise an ein Zahlungsnetzwerk angeschlossen sein, welches eine neue Infrastruktur erfordern wird. Individuen, Unternehmen und Maschinen müssen mit ihren digitalen Identitäten registriert werden, um an diesem neuen Zahlungsnetzwerk teilnehmen zu können. Die Blockchain-Technologie eignet sich perfekt, zur sicheren und effizienten Einrichtung und Verwaltung digitaler Identitäten. Daher wird das Identitätsmanagement auf der Blockchain in Zukunft von großer Bedeutung sein. Wie bei herkömmlichen zentralisierten Systemen muss auch das Blockchain-Identitätssystem den Datenschutzgesetzen entsprechen. Tatsächlich ist die Blockchain-Technologie mit ihren inhärenten Zugangssystemen und Verschlüsselungsverfahren dafür sogar besser geeignet als nicht Blockchain-basierte Systeme, da sie in der Lage ist, erstens Daten zu schützen, zweitens das Eigentum an Daten zu organisieren und drittens die Monetarisierung von Daten zu erleichtern. Die Blockchain erhöht zudem die Sicherheit der Identität, da die Aufzeichnungen unveränderlich und schwer zu fälschen sind.

Automatisierung durch Smart Contracts

Ein weiterer Bereich, der von der gemeinsamen Anwendung von Blockchain, IoT und KI stark profitiert, ist die Automatisierung von Geschäftsprozessen. Smart Contracts haben ein enormes Potenzial Effizienzgewinne in verschiedenen Sektoren zu erzielen. Smart Contracts werden jedoch derzeit in der Industrie nicht in großem Umfang eingesetzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Smart Contracts üblicherweise Krypto-Assets erfordern. Unternehmen sind jedoch in der Regel aufgrund regulatorischer und ökonomischer Gründe aktuell zurückhaltend bei der Verwendung von Krypto-Assets. Der Hauptnachteil von Krypto-Assets sind die immensen Preisschwankungen. Wenn ein Smart Contract auf solchen Krypto-Assets basiert, ist die empfangende Partei aufgrund des volatilen Preises einem hohen Wechselkursrisiko ausgesetzt. Selbst wenn z.B. Stable Coins ein hohes Maß an Preisstabilität aufweisen, werden sie aufgrund folgender Aspekte von der Mehrheit der Industrieunternehmen nicht angenommen: Erstens sind Stable Coins derzeit nicht reguliert, daher schrecken risikoscheue Unternehmen vor der Verwendung solcher unregulierten Vermögenswerte zurück. Zweitens laufen IT- und Buchhaltungssysteme der Unternehmen nicht auf Krypto-Assets, sondern auf Fiat-Währungen wie den Euro oder den US-Dollar. Die Umrechnung von Stable Coins in Fiat-Währungen zum Zweck der Buchhaltung ist eine operative Belastung, da sie sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen fordert.

Der Blockchain-Euro

Es gibt nur eine Möglichkeit, wie das Potenzial von Smart Contracts voll ausgeschöpft werden kann: Eine auf einer Blockchain basierende Fiat-Währung ist notwendig, die durch den Smart Contract fließt. Nur ein Blockchain-basierter Euro würde auf Euro notierte Smart Contracts ermöglichen, sodass IoT-Geräte eigenständige Dienste wie Pay-per-Use, Leasing und Factoring anbieten könnten. Durch einen digitalen, Blockchain-basierten Euro könnten neue Geschäftsmodelle Realität werden: Vollautomatische Geräte, die — unter Einbeziehung von KI — eigens Entscheidungen treffen, und “wirtschaftlich überleben”, indem sie eine Blockchain für Finanztransaktionen nutzen und dabei gleichzeitig eine Profit-Center-Logik auf Geräteebene implementieren. Mit einer solchen digitalen, Blockchain-basierten Währung könnten Mikrozahlungen für IoT-Geräte einfach und kostengünstig abgewickelt werden. Alle Transaktionen, die auf die Blockchain-basierte Währung notiert sind, würden direkt in die interne Buchhaltung und die IT-Systeme übernommen werden und müssten nicht umgerechnet werden. Ein weiterer Vorteil wäre, dass ein solcher Blockchain-basierter Euro den geltenden Vorschriften entsprechen würde. Erste Startups wie CashOnLedger und Monerium haben solche Währungen bereits im Jahr 2019 entwickelt. Sie verwenden E-Geld-Lizenzen für die Tokenisierung von Fiat-Währungen. Im Gegensatz zu Krypto-Vermögenswerten und insbesondere zu Stable Coins müssen Unternehmen, die solche Zahlungslösungen fordern, keine regulatorische Unsicherheit befürchten, da alle Akteure im Rahmen der bestehenden Regulierung handeln.

Digitale Zentralbankwährungen

Wie bereits beschrieben, wird ein Blockchain-basierter Euro derzeit von Banken und E-Geld-Instituten ausgegeben. Jedoch könnte auch die Zentralbank eine solche digitale Währung einführen. In der Literatur wird diese als “Central Bank Digital Currency (CBDC)” bezeichnet. Laut einer aktuellen Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Boar, Holden, Wadsworth, 2020) analysieren derzeit mehr als 70 Zentralbanken weltweit die Einführung einer eigenen CBDC. Bisher hat jedoch noch keine Zentralbank eine solche Währung eingeführt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jedoch das Projekt “EUROchain” angekündigt, bei dem es sich um einen CBDC-Prototyp handeln wird, der auf der Grundlage der Corda DLT entwickelt wurde.

Eine von der EZB herausgegebene Blockchain-basierte CBDC würde die Verwendung von Zentralbankgeld für Smart Contracts ermöglichen. Warum ist dies notwendig? Was sind die Vorteile eines digitalen Euro, der von einer Zentralbank ausgegeben wird, im Vergleich zu einem digitalen Euro, der von E-Geld-Instituten ausgegeben wird? E-Geld zählt als Geschäftsbankgeld, während von der Zentralbank bereitgestelltes Geld Zentralbankgeld ist. Selbst wenn beide Geldarten eine digitale Version des Euro darstellen, könnte im Falle einer Insolvenz eines Finanzinstituts Geschäftsbankgeld an Wert verlieren, während Zentralbankgeld eine Forderung an die Zentralbank darstellt und dementsprechend nicht ausfallgefährdet ist. Dieser Unterschied wird insbesondere im Falle von Turbulenzen im Finanzsektor relevant, wenn Banken und E-Geld-Institute potenziell vor dem Bankrott stehen.

Monetarisierung von IoT-Geräten durch Tokenisierung

Neben der Verbesserung des Datenmanagements, unterstützt durch die Authentifizierung von Netzwerkteilnehmern und der Automatisierung von Geschäftsprozessen, kann die Blockchain-Technologie neue Geschäftsmodelle für die Monetarisierung von IoT-Geräten eröffnen. Die Blockchain-Technologie ermöglicht die Dematerialisierung von Vermögenswerten (“Tokenisierung”).

Ein Beispiel: Denken Sie an eine Lampe (z.B. eine Straßenlaterne), die eine eigene (Blockchain-basierte) Identität hat und mit einem Blockchain-basierten Euro arbeitet. Die Verwendung der Blockchain-Technologie macht die Laterne zu einer autonomen Einheit, die eigenständig arbeitet. Durch die Verwendung von Smart Contracts sind Zahlungen direkt an die Laterne möglich. Wenn eine entsprechende Zahlung eingeht, schaltet sich die Laterne ein. Zahlungen können z.B. von Individuen, Unternehmen oder auch der öffentlichen Verwaltung geleistet werden. Daraus resultiert die Realisierbarkeit von Pay-per-Use-Zahlungen.

Diese Laterne können in einem nächsten Schritt in Tokens umgewandelt werden, das gibt Investoren die Möglichkeit in diese digitalen Vermögenswerte zu investieren. Investoren hätten einen Anreiz, Laternen zu bauen und zu warten, da sie einen Anteil an den Gewinnen der Laterne erhalten. Durch die Schaffung von Anreizen für Investoren, in den Bau und die Wartung dieser Laternen zu investieren, könnte eine neue Investitionswelle ausgelöst werden. Die Tokenisierung ist nicht nur im Falle von Laternen, sondern auch für alle Arten von IoT-Geräten, wie z.B. Sensoren, Autos, Maschinen, Kameras von Vorteil. Die einzige Voraussetzung für eine Tokenisierung ist eine Verbindung zum Internet und zu einem Blockchain-Netzwerk.

Abbildung 2: Beispiele für die Konvergenz von Blockchain, IoT und KI

Optimierung einer Blockchain-Infrastruktur durch KI

Die signifikante Verbesserung der Transparenz und Datensicherheit zwischen Geschäftspartnern/Netzwerkteilnehmern durch die Blockchain-Technologie führt nicht nur zu einer Vereinfachung und Automatisierung der Abwicklung schon bisher möglicher Geschäftsmodelle, sondern lässt diese auch auf einer größeren Skala mit mehreren Teilnehmern effizient funktionieren und die zugrundeliegenden Verträge flexibler als bisher gestalten.

Im Beispiel der Straßenlaterne wäre das Modell zukünftig nicht nur auf eine Pay-per-Use Beziehung zwischen dem zahlenden Kunden, z.B. der öffentlichen Verwaltung und dem bereitstellenden Unternehmen, beschränkt. Das System ließe sich z.B. um einen flexiblen Anschluss eines Stromanbieters erweitern, bei dem die Laterne, unterstützt durch KI, tageszeitabhängig je nach Preis den Anbieter wechselt, um die entstehenden Kosten zu minimieren und diese mit einer festgelegten Marge an den Kunden weiterreicht. Dies ist möglich, da die Laterne nicht nur als reiner Verbraucher fungiert, sondern ebenfalls über IoT und Blockchain nutzbare Daten über ihr Verbrauchsverhalten erstellt.

Der Nutzen eines solchen Dreieckssystems aus IoT, Blockchain und KI skaliert hierbei mit der Komplexität der zugrundeliegenden Kunden- und Lieferantenbeziehung. Ein passendes Anwendungsbeispiel hierfür sind die Lieferketten der heutigen Prozessindustrie, die sich zumeist über mehrere Wirtschaftsräume und viele Intermediäre erstrecken. Durch die langen Stand- und Lieferzeiten des Inventars steigen die Zahlungsziele und damit das gebundene Kapital. Heutzutage bleibt jedoch der Zugriff von Banken, die die nötige Liquidität bereitstellen könnten, durch kostenintensive Abwicklungsmodalitäten auf Seiten der Konzerne und mangelnde Einsicht in die Lieferketten erschwert.

Zukünftig können solche Probleme durch Systeme wie die oben beschriebene Technologiekombination vermieden werden. Sensoren messen die aktuellen Inventarstände, beispielsweise in den Tanks oder Silos, der Industrie und sichern die Daten auf einer Blockchain, die Datensicherheit zwischen den verschiedenen Partizipanten der Lieferkette sicherstellt. Auf Basis der Sensordaten können nun passende Smart Contracts bisherige Lieferverträge durch Pay-per-Use-Systeme ersetzen — ein Konsum des Inventars im Silo löst autonom eine Bezahlung der entsprechenden Güter aus.

Hierdurch können Zahlungsziele minimiert werden und zudem durch die erhöhte Transparenz Banken zur Finanzierung der Güter eingebunden werden. Das Silo agiert autonom als einzelnes Profit Center, das automatisch bei niedrigem Inventar nachbestellt und Verkäufe samt Bezahlungen und Buchungen selbstständig abwickelt. Die über die Dauer des Prozesses hinweg gesammelten Daten können nun von einer KI zur Optimierung der Zahlungs- und Bestellungslogik verwendet werden und mit anderen Datenquellen kombiniert werden. Ein Zugriff auf Preisstatistiken der verwendeten Güter würde über eine Prognose den Einkauf zum niedrigsten möglichen Marktpreis garantieren. Systeme wie diese werden heutzutage bereits von Startups wie AZHOS für die chemische Industrie erprobt und eingesetzt.

Fazit

Blockchain, IoT und KI sind Innovationen, die enorme Vorteile für Sicherheit, Transparenz, Unveränderbarkeit, Datenschutz und die Automatisierung von Geschäftsprozessen bieten. Die Auswirkungen dieser Innovationen sind jedoch noch größer, wenn Blockchain, IoT und KI kombiniert werden. Wir argumentieren, dass diese Innovationen in Zukunft konvergieren und die Digitalisierung der Industrie vorantreiben werden. Dieser Zusammenschluss wird die Qualität des Datenmanagements durch einen höheren Grad an Standardisierung, Datenschutz und Datensicherheit steigern. Darüber hinaus werden neue Geschäftsmodelle ermöglicht, sodass autonome Agenten (z.B. Sensoren, Autos, Maschinen, Kameras und andere IoT-Geräte) als eigenständige Profit-Center eingerichtet werden können, die selbständige Geld senden und empfangen. Führungskräfte sollten sich mit diesen Technologien auseinandersetzen, um Effizienzgewinne zu erzielen. Die Blockchain-Technologie, kombiniert mit IoT und KI, wird den Weg in ein neues Zeitalter der Digitalisierung ebnen.

Referenzen

Boar, C., Holden, H., Wadsworth, A. (2020): Impending arrival — a sequel to the survey on central bank digital currency, BIS Paper №107.

Liu, M., Yu, R., Teng, Y., Leung, V., Song, M. (2019). Performance Optimization for Blockchain-Enabled Industrial Internet of Things (IIoT) Systems: A Deep Reinforcement Learning Approach. IEEE Transactions on Industrial Informatics.

Yin, H. H. S., Langenheldt, K., Harlev, M., Mukkamala, R. R., Vatrapu, R. (2019). Regulating Cryptocurrencies: A Supervised Machine Learning Approach to De-Anonymizing the Bitcoin Blockchain. Journal of Management Information Systems, 36(1), 37–73. https://doi.org/10.1080/07421222.2018.1550550.

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Autoren

Riccarda Joas ist Absolventin der Frankfurt School. Sie hat ihren Master of Finance mit einer Abschlussarbeit über die Schnittstellen zwischen Blockchain und dem Industriellen IoT/AI abgeschlossen. In ihrer beruflichen Laufbahn als Beraterin konzentriert sie sich auf Investoren und Private Equity Firmen, mit weiterhin bestehendem tiefen Interesse an KI, Blockchain und Industrie 4.0-Themen. Sie können sie per E-Mail (riccarda.joas@gmail.com) oder LinkedIn (www.linkedin.com/in/riccardajoas) kontaktieren.

Prof. Dr. Philipp Sandner hat das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) gegründet. In den Jahren 2018 und 2019 wurde er von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), einer der größten Zeitungen in Deutschland, als einer der “Top 30”-Ökonomen ausgezeichnet. Darüber hinaus gehörte er zu den “Top 40 unter 40” — einem Ranking des Wirtschaftsmagazins Capital. Seit 2017 ist er Mitglied des FinTechRats des Bundesministeriums der Finanzen. Die Expertise von Prof. Sandner umfasst die Blockchain-Technologie, Kryptowerte wie Bitcoin und Ethereum, den digitalen programmierbaren Euro, Tokenisierung von Assets und Rechten und letztlich digitale Identität. Erreichbar ist er per E-Mail (email@philipp-sandner.de), per LinkedIn oder auf Twitter (@philippsandner).

Jonas Groß ist Project Manager und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Seine Interessengebiete sind vor allem Kryptowährungen. Außerdem analysiert er im Rahmen seiner Doktorarbeit die Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf die Geldpolitik der weltweiten Zentralbanken. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit Innovationen wie Central Bank Digital Currencies (CBDC) und Central Bank Crypto Currencies (CBCC). Du kannst ihn per Mail (jonas.gross@fs-blockchain.de), LinkedIn (https://www.linkedin.com/in/jonasgross94/) und via Xing (https://www.xing.com/profile/Jonas_Gross4) kontaktieren.

Denise Duve arbeitet als Projekt Managerin für das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Sie hält einen M.Sc. in Integrated Environmental Management der University of Bath und hat langjährige Erfahrung im Marketingbereich. Ihr besonderes Interesse gilt den Themen Crypto Assets und Blockchain, sowie deren Potential im Bereich Financial Inclusion und Sustainability. Sie können sie per E-Mail (denise.duve@fs-blockchain.de) oder LinkedIn (www.linkedin.com/in/deniseduve) kontaktieren.

Tony Oehm ist COO der AZHOS AG und beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Schnittstelle zwischen Industrie und Technologien wie Blockchain. AZHOS AG bietet Supply Chain Finance und Management Lösungen für die Chemie- und Ölindustrie an und nutzt Blockchain Technologie um einen eindeutigen Nachweis der in der Supply Chain zirkulierenden Güter als Referenz für Finanzierungspartner zu erzeugen. Dieser wird verwendet um innerhalb der Supply Chain autonome, direkt an den Konsum eines Kunden gekoppelte Zahlungen und Finanzierungen abzuwickeln. Hierfür arbeitet AZHOS bereits heute mit einer digitalen Version des Euros und kooperiert mit namhaften europäischen Chemieunternehmen. Sie können ihn per Mail (oehm@azhos.io) oder via LinkedIn (https://www.linkedin.com/in/tony-oehm/) kontaktieren.

[1] Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeigen 02P17D020 gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

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Philipp Sandner

Professor | Lecturer | Author | Investor | Frankfurt School Blockchain Center